Der Winter 2021/22 hat sich schon früh angekündigt: Schnee, viel Matsch und teilweise vereiste Böden. Wer keine Reithalle zur Verfügung hat steht vor einer anspruchsvollen Jahreszeit. Und wer tagsüber arbeitet muss die Zeit danach mit seinem Pferd zudem auch noch im Dunkeln verbringen – wahrlich kein Vergnügen, ganz besonders bei intensivem Schneeregen oder vereisten Böden.
Also stellt sich an manch einem Wintertag die Frage, wie man das Pferd am besten auslastet, wenn man aufgrund der Witterungseinflüsse nicht mehr vernünftig Schritt reiten, traben oder gar galoppieren kann? In diesem Blogbeitrag findest du eine Idee für sinnvolles Wintertraining, auch wenn die Böden so schlecht sind, dass du kaum noch aus dem Paddock oder Stall rauskommst und dass Pferdetrainig kaum mehr möglich scheint.
Weitere Ideen teile ich mit euch in meinem kostenlosen Weihnachts-Webinar am 26. Dezember. Und falls du live nicht dabei sein kannst, darfst du dir die Aufzeichnung anschliessend in meiner Gentle-Balance-Videothek ebenfalls kostenlos anschauen.
1. Lass uns mit den Vorbereitungen für das Wintertraining beginnen: Unsere erste Übung widmen wir einem durchlässigen Rücken – und zwar beim/bei der Reiter/in!
Begrüsse dein Pferd und beginne als erstes mit einer kurzen Aufwärmübung für DICH! Die neuesten Forschungen im Bereich Gehirn/Biomechanik zeigen ganz klar wie eng sich Reiter und Pferd gegenseitig beeinflussen. Und dies auch, wenn Du nur neben dem Pferd stehst und etwas am Boden machst. Das bedeutet konkret: je beweglicher, lockerer und kräftiger du selber bist, umso positiver beeinflusst du den Körper und den Stoffwechsel deines Pferdes!
- Stell dich – in der Nähe deines Pferdes z.B. auf seinem Paddock oder in der Box – schön gerade und in Balance hin, die Füsse Schulterbreit auseinander
- Verschränke deine Hände und strecke sie gerade – schön mittig – über deinem Kopf nach oben, Handflächen schauen gegen den Himmel, Ellbogen sind durchgestreckt
- Nun bewegst du deine Hände zur Seite so dass deine Wirbelsäule sich wie eine Banane seitlich krümmt. Achte darauf, dass du nicht nach vorne oder nach hinten kippst, sondern schön in der seitlichen Linie bleibst!
Quelle: Panthermedia - verfolge mit deiner Achtsamkeit die gesamte Länge deiner Wirbelsäule und stell dir vor wie die Wirbelsäulen-nahen Muskeln, Sehnen, Bänder und Faszien sich auf der offenen Seite schön dehnen und geschmeidig werden. Wer sich in der Biomechanik gut auskennt: wir dehnen dabei die folgenden Muskeln: M. multifidii, M. spinalis und semispinalis, M. intertransversarii sowie die folgenden Faszien: Fascia thoracolumbalis und Fascia spinocostotransversalis.
- auch die Zwischenrippengelenke (das ist dort wo deine Rippen sich mit der Wirbelsäule verbinden) stellst du dir schön beweglich und geschmeidig vor
- mache diese Bewegung 2-3 Mal pro Seite und bleibe jeweils so lange in der Dehnung (also der der “Banane”) bis du fühlst, dass dein Gewebe weich und durchlässig wird.
2. Nun bist du bereit um eine einfache, gezielte Übung mit deinem Pferd durchzuführen.
Es ist eine Übung im Stand und falls dein Pferd noch nicht gelernt hat, ruhig neben dir zu stehen und mit geradem Kopf und Hals sich zu entspannen, dann übe dies unbedingt vorher:
- Dein Pferd kann je nachdem was du möchtest ein Halfter, einen Trensenzaum oder einen Kappzaum tragen
- Mache als erstes eine Effleurage der Brust-Lendenfaszie und der Halsfaszien (du kannst dir dazu mein kurzes Gratisvideo anschauen)
- Anschliessend machst du eine kurze (2-3 Minuten pro Seite), sanfte Massage der langen Sitzbeinmuskulatur (siehe folgendes Bild, Quelle Panthermedia):
und der seitlichen Oberschenkelmuskulatur vom Hüfthöcker (Tuber coxae) bis auf Höhe des Knies. Viele Pferde sind im Winter – wenn sie auf Schnee, Eis und Matsch herumlaufen – in diesem Bereich sehr verkrampft und aufgrund anatomischer Zusammenhänge ist dadurch dann auch das Becken, die Lendenwirbelsäule und das ISG verspannt oder sogar blockiert. - Streiche die Gurtlage deines Pferdes sanft, mit einer leichten Bewegungsenergie nach oben, ab. Dies aktiviert den Serratus Muskel, der wichtig für die Atmung und für das Anheben des vorderen Brustkorbs ist. Dieses Anheben des vorderen Brustkorbs ist wiederum essenziell für die Gesundheit der Wirbelsäule des Reitpferdes!
- Führe nun die Nase deines Pferdes zuerst mit einem Leckerli 2x etwa eine Handbreit vor das Karpalgelenk (ähnlich den berühmten Carrot stretches, aber weniger ausgeprägt). Diese Aktivierung des langen Halsmuskels (M. longus colli) bringt sehr viele Vorteile mit sich: Sie stabilisiert den Übergang Halswirbelsäule – Brustwirbelsäule, sie aktiviert und löst die tiefen Halsfaszien und sie öffnet den Venenwinkel genau dort wo die Lymphe des gesamten Körpers abfliesst.
- Mache 2-3 tiefe Atemzüge in deinen Bauch!
- Nun führst du den Kopf/Hals des Pferdes in eine seitliche Biegung. Das Genick ist dabei 1-2 cm unter dem höchsten Punkt des Widerristes und du achtest unbedingt darauf, dass die Ohren auf der gleichen Höhe bleiben. Du machst diese Bewegung nur so weit seitlich, wie es das Pferd zulässt! Dies kann zu Beginn nur sehr wenig sein – was aber kein Problem ist! Warte bis du fühlst, dass das Gewebe des Pferdes sich gedehnt hat und sich löst. Du merkst das z.B. an Folgendem:
- dein Pferd bietet dir von sich aus noch ein wenig mehr seitliche Dehnung an
- dein Pferd macht eine leichte Nick Bewegung mit dem Kopf
- dein Pferd atmet tiefer oder schnaubt vielleicht sogar ab – toll!
- dein Pferd fühlt sich im gesamten Körper weicher an
- dein Pferd beginnt entspannt (!) zu kauen
–> aber Achtung: ist es ein nervöses Kauen, dann hast Du zuviel seitliche Biegung verlangt oder das Pferd fühlt sich generell nicht wohl mit der Arbeit an der Hand
–> dann solltest du über das Interieur reflektieren, wie du deinem Pferd in die Entspannung helfen kannst. - WICHTIG! Währenddem du wartest bis das Pferd sich gedehnt hat, denkst du selber in DEINEM Körper nochmals an das Gefühl entlang der Wirbelsäule, dass du selber zu Beginn bei deiner eigenen Dehnungsübung (die Übung mit der “Banane” deiner Wirbelsäule) gemacht hast. So hilfst Du dem Pferd!
- Mache diese Übung mit der seitlichen Biegung von Kopf/Hals des Pferdes 1-3 Mal auf jede Seite und lobe das Pferd immer, wenn sich das Gewebe gedehnt hat!
- Zum Schluss machst Du noch einmal eine Effleurage von Hals, Rücken und Hinterhand (siehe oben und im Gratisvideo) und lobst das Pferd ausgiebig!
3. Was bringt diese Übung?
- Eine Dehnung und Durchlässigkeit der Oberlinie die dir danach beim Reiten und Longieren hilft.
- Eine verbesserte seitliche Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Rippen – auch deiner eigenen!
- Wie man heute weiss, schüttet das Gehirn bei jeglichen Beweglichkeitsübungen des Rückens Glückshormone aus –> das bedeutet du verbesserst die Laune deines Pferdes und deine eigene (!) … und das auch bei miesem Wetter!
- Du aktivierst den Lymphabfluss, der manchmal etwas gestaut ist wenn die Pferde sich nicht so gut oder viel bewegen können.
- Du verbesserst die Atmung des Pferdes, denn das Zwerchfell ist im Bereich der Lendenwirbelsäule aufgehängt –> Durch die Dehnung verbesserst du die Bewegung des Zwerchfells, und für eine nachhaltige Gesundheit ist eine tiefe, gute Atmung beim Pferd von zentraler Bedeutung!
Funktioniert die oben aufgezeigte Übung mit deinem Pferd auf der genannten Höhe gut, dann darfst du mit der Höhe resp. Tiefe der Dehnungshaltung und dem Grad der seitlichen Biegung zu spielen beginnen, bis du dein Pferd auf verschiedenen Höhen – es darf auch mal mit der Nase knapp über dem Boden sein – in diese seitliche Dehnung bringen kannst.
–> Wenn euch das gelingt, dann habt ihr in Bezug auf Durchlässigkeit und Mobilität von Faszien, Muskeln und Gelenkenviel sehr viel geschafft !
Falls Du mehr solcher Ideen erfahren möchtest – z.B. auch wie man einzelne Muskeln aufbaut, gerade auch an Tagen wo man nur auf dem Paddock oder Hofplatz arbeiten kann – dann melde dich doch zu meinem kostenlosen Weihnachts-Webinar vom 26. Dezember an. Es gibt davon auch eine Aufzeichnung die du anschliessend in meiner Gentle-Balance-Videothek ebenfalls kostenlos anschauen kannst, falls du nicht live mit dabei sein kannst.
Ich wünsche Dir viel Spass bei der Umsetzung!
“Ich hoffe, dass ich dir mit diesem Blog-Beitrag ein paar hilfreiche Ideen geben konnte,
die dir helfen, mit deinem Pferd mit Freude und Elan durch den Winter zu kommen!”
Sonja Bucher
